Von Gerhard Heldt, MZ 01.10.2013
Regensburg.
Die Theaterfreunde Regensburg können demnächst ihr 25-jähriges Bestehen feiern. Unablässig sind sie zum Wohle des Theaters Regensburg tätig, so auch jetzt wieder als Sponsoren für die Sitzplätze im neuen Theater der Jugend, von denen bereits mehr als die Hälfte einen Spender gefunden haben. Um weitere Spenden zugunsten der Aktion "UT (Unser Theater) - ein Platz für Ihr Kind" einzuwerben, war zum Beginn des Gesellschaftsjahres Satomi Nishi, Solorepetitorin am Theater, eingeladen, mit Klaviersonaten von Beethoven und Rachmaninow die neue Spielzeit zu eröffnen.
Die japanische Pianistin, in ihrer Heimat bereits vielfach ausgezeichnet, begann mit Beethovens E-Dur-Sonate op. 109, seiner drittletzten. Der Komponist fühlt sich hier nicht mehr der klassischen Sonatenform verpflichtet, lässt sie kaum mehr durchschimmern. Völlig ertaubt schreibt er 1820, sieben Jahre vor seinem Tod, ein Werk, das mit der Form eher spielt und den Schwerpunkt nicht auf den ersten, sondern auf den dritten, dazu langsamen Satz, seiner Komposition legt. Und dieser Satz ist nicht etwa eine dreiteilige Liedform, sondern ein weit ausholendes kantables Thema mit sechs Variationen. Satomi Nishi hat zu Beginn etwas mit dem Instrument im Auditorium des Thon-Dittmer-Palais zu kämpfen, das nicht optimal gestimmt ist und im Diskant stumpf wirkt. Sie nimmt die Forte-Passagen mit kraftvollem Zugriff, lässt sie fast orchestral erklingen, weiß aber im Variationssatz auch ihre lyrischen Qualitäten zur Geltung kommen zu lassen.
Nach der Pause spielte Satomi Nishi Rachmaninows 2. Klaviersonate b-Moll op. 36 in der zweiten Fassung von 1931. Rachmaninow bleibt auch in der frühen sowjetischen Zeit durch und durch russischer Musiker; obschon 30 Jahre nach einem epochalen 2. Klavierkonzert c-Moll op. 18 (1901) geschrieben, ist die pianistische Grundhaltung in der Sonate unverändert: Es dominieren orchestrale Klänge, große dynamische Kontraste, die von der Pianistin differenziert herausgearbeitet worden sind, wie auch in den Moll-Klängen immer wieder Annäherungen an die "russische Seele": introvertiert, melancholisch, zweifelnd.
Das Spiel von Satomi Nishi besticht durch frappierende technische Souveränität und überzeugende Musikalität, die auch die schwierigsten Passagen leicht erscheinen lässt. Gepaart sind die technische Brillanz und die musikalische Intelligenz mit einem tiefen Verständnis für die von ihr gespielten Werke, seien es nun Klavierauszüge von Opern oder Klavier-Begleitstimmen von Instrumentalsonaten - was bisher von ihr zu erleben war. Man wünscht sich nach diesem Abend, sie künftig öfter solistisch zu hören. Für den reichen Beifall bedankte sie sich mit dem "Fantaisie-Impromptu" cis-Moll op. 66 von Frédéric Chopin.
Satomi Nishi Foto: Theaterfreunde
Weitere Bilder finden Sie in unserer Galerie
Benefizkonzert – Gala der Theaterfreunde mit hier selten gesungenen Opernarien
Von Gerhard Heldt, MZ 23.07.2013
Regensburg.
Gäbe es die Theaterfreunde nicht, müsste man heute seinen Klappstuhl mit ins Theater bringen. Ähnlich sieht es bei der neuen Bühne für das Junge Theater aus, die derzeit am Bismarckplatz entsteht. "Ein Platz für Ihr Kind" heißt die Aktion zur Gewinnung von Stuhlpatenschaften, für die es jetzt ein Benefizkonzert gab. Mit Werken von Wagner und Verdi wurde der runden Geburtstage der beiden Komponisten gedacht.
Wagners Musikdramen standen zu Beginn des 20. Jahrhunderts regelmäßig auf dem Programm des Theaters Regensburg. Gespielt wurde alles bis hin zum "Ring des Nibelungen". Doch diese Praxis ist bei gestiegenen Publikumsansprüchen heute nicht mehr denkbar. Da kommt eine Operngala gerade recht, um verborgene Schätze im Ensemble ans Licht zu heben. Adam Kruzel, baritonales Urgestein, gestaltete kraftvoll Wolframs Vorstellungen von der Liebe ("Tannhäuser", Sängerkrieg). Vera Semieniuk sang mit locker ausschwingendem Sopran zwei Lieder aus Wagners Pariser Zeit wie später auch Verdis Vertonung von Goethes "Gretchen am Spinnrad". Im ersten ("Attente") klang die "Hallen-Arie" der Elisabeth, im zweiten, einem Schlaflied, in der Begleitung das Spinnerinnenlied aus dem "Holländer" an. Daraus sang Jongmin Yoon die Offerte des Seemanns Daland, dem Holländer seine Tochter Senta zur Frau anzubieten ("Mögst du, mein Kind") nicht ganz mit dem "schwarzen" Bass, den die Rolle erfordert.
Die Partie der Kundry ("Parsifal") braucht eine Sängerin mit zwei Stimmen: hochdramatischer Sopran und Mezzo mit Tiefe. Sie hat einen Stimmumfang von zwei Oktaven wie später auch die Eboli in Verdis "Don Carlo" (Arie "O don fatale"). Beiden enormen Ansprüchen wurde Vera Egorova in hohem Maße gerecht.
Anna Pisareva ist mit ihrem höhensicheren jugendlichen Koloratursopran eine Sängerin mit Zukunft, was sie mit Gildas "Caro nome" und mit Kruzel im Duett "tutte le feste" ("Rigoletto") eindrucksvoll unterstrich. Der diesem Duett vorausgehende Wutausbruch Rigolettos über die verderbte Hofgesellschaft ("Cortigiani") lag Seymur Karimovs Stimme gut; Wolframs "Lied an der Abendstern" ("Tannhäuser") gestaltete er mit Mitteln des Belcanto bei leichten Intonationsschwankungen. "Tristan und Isolde" setzt Sängern hohe Hürden. In chromatisch verschlungenen Linien stets den rechten Ton zu finden, setzt ein hohes Maß an Vertrautheit mit jeder Partie des Werks voraus. Mario Klein fehlt es wohl noch an Erfahrung mit der Partie des König Marke, dessen große Klage am Ende des zweiten Aufzugs eine Herausforderung für tiefe wie hohe Bässe ist. Klein traf zwar den resignierenden Ton des betrogenen Ehemannes, doch seine Gestaltung blieb etwas zu blass.
Zum Höhepunkt geriet die Interpretation des "Souvenir de Bayreuth" von Gabriel Fauré, als Gemeinschaftsarbeit mit André Messager aus Begeisterung für Bayreuth entstanden. Zahlreiche Motive aus dem "Ring" sind hier in die Form einer Quadrille verpackt, bravourös gespielt von Satomi Nishi und Arne Willimczik, die als "Orchester" des Abends am Flügel, unterstützt von Arseni Borovikov (Oboe, Englischhorn) und Markus Hofberger (Bassklarinette) absolut souveräne Partner der Sänger waren.
Weitere Bilder finden Sie in unserer Galerie